Newsletter vom 01.03.2018: Offener Brief

Die jüngste Debatte um die Schallschutzmaßnahmen hat einmal mehr gezeigt, dass die Reaktivierungsplanungen ohne jede Beteiligung der Bürger vorangetrieben werden. Das Schallschutzgutachten wurde zwar der Presse vorgestellt, die Allgemeinheit soll aber erst im Sommer informiert werden. Auch auf Neuigkeiten zum Buskonzept und zur Zukunft der Linie 8 warten wir in Münster bislang vergeblich.

Dass ausgerechnet die Menschen, die von der Reaktivierung am stärksten betroffen sind, nicht informiert und über die Planungen in Unwissenheit gehalten werden, ist unerträglich! Wir haben daher einen offenen Brief verfasst und an den Rat der Stadt Münster, an die Bezirksvertretung Münster-Südost, die zuständigen Vertreter im ZVM sowie an die Presse geschickt und darin eine Einbeziehung der Bürger in den Planungsprozess gefordert. Der Brief wurde von 380 Bürgerinnen und Bürgern unterzeichnet.

Im Folgenden finden Sie den Text des offenen Briefs. Wir hoffen, dass wir Gehör finden, und werden Sie über weitere Entwicklungen informieren.


Offener Brief der Bürgerinitiative Pro Bus und Rad – gegen die Bahn: WLE-Reaktivierungspläne ohne Bürgerbeteiligung

Die Bürgerinitiative gegen die WLE-Reaktivierung Pro Bus und Rad – gegen die Bahn beklagt, dass die Planungsverantwortlichen in Hinterzimmern agieren, statt die Karten auf den Tisch zu legen und sich einem Dialog zu stellen.

Der Pressetermin vom 9. Februar 2018 zur Verkündung des jüngsten Schallschutzkonzeptes – keine Schallschutzwände für Anlieger der Bahnstrecke – macht es deutlich: Die Bürger werden an der Planung nicht beteiligt!

Im Februar 2017 präsentierte die WLE den Bürgern auf einer Infoveranstaltung der FDP noch stolz Pläne, wonach fast alle betroffenen Anlieger 2m hohe Schallschutzwände erhalten sollten. Das zugehörige Schallschutzgutachten wurde auf der WLE-Internetseite für spätestens November 2017 angekündigt. Dann jedoch wurde den Planern wohl klar, dass die Kosten dafür ihre Kosten-Nutzen-Rechnung derart verschlechtern würden, dass das Land die Reaktivierung nicht finanzieren würde. Also musste etwas „Billiges“ her – kleine Plättchen an den Schienen statt Schallschutzwände. Außerdem änderte man nun das geplante Betriebsprogramm und halbierte die ursprünglich geplante Länge der Züge, um beim Schallschutz besser wegzukommen. An den meisten Stellen würden so die Grenzwerte für Lärm eingehalten, heißt es in einer Pressemitteilung.

Da bleiben Fragen offen: Ist das Verfahren vergleichbar mit Schallschutzwänden? Wie stark ist die verbleibende Lärmbelastung tatsächlich? Wer gehört zu den Verlieren, die nicht ausreichend vor Lärm geschützt werden? Immerhin wohnen Hunderte Anwohner näher als 10m zu den Gleisen, und die Züge sollen mit 80 km/h durch die engen Wohnsiedlungen rasen, wo wenige Meter daneben Tempo-30-Zonen eingerichtet sind. Mit den Anwohnern hat aber niemand gesprochen! Offenbar ist es wichtiger, zunächst die Presse zu informieren. Das zugehörige Gutachten wird jetzt noch nicht veröffentlicht, sondern wird erst im Sommer der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, heißt es jetzt von Seiten der WLE. Die betroffenen Bürger werden also erst im Planfeststellungsverfahren mit den Fakten konfrontiert. Wir fragen uns: Was steht Geheimes in dem Gutachten, das jetzt noch keiner wissen soll?

Im Jahr 2012 hat der Rat der Stadt Münster beschlossen, die Reaktivierung der WLE-Trasse zwischen Münster und Sendenhorst wie in der Machbarkeitsstudie aus 2010 vorgeschlagen umsetzen zu lassen. Teil des Plans und damit des Ratsbeschlusses: Die Einstellung der Buslinien 8, R32 und S30 im Korridor der künftigen Zugverbindung, um einen Parallelverkehr der Busse zu vermeiden und so genügend Fahrgäste für den Zug zu generieren. Dieser Beschluss ist bis heute unverändert in Kraft. Seither protestiert die Bevölkerung in den betroffenen Ortsteilen im Südosten gegen die drohende massive Verschlechterung der ÖPNV-Anbindung durch die Streichung von 27 Bushaltepunkten zugunsten von nur 5 Bahnhaltepunkten. Und seither wird von der Politik angekündigt, man werde sich noch ein passendes Buskonzept überlegen. Wurde hier eine Bedarfsabfrage durchgeführt? Die Bevölkerung einbezogen? Vorschläge diskutiert? Nein, geplant wird in Hinterzimmern!

Mitte 2016 wurde eine Bürgeranregung mit über 400 Unterschriften an den Rat der Stadt Münster übergeben und gefordert, bisher nicht geplante Lärmschutzmaßnahmen in die Planungen aufzunehmen, verkehrliche negative Folgen durch Staus bei Schrankenschließungen alle 10 Minuten zu berücksichtigen und mögliche Alternativen wie etwa einen Radschnellweg oder den Einsatz von Elektrobussen auf der Trasse zu prüfen. Reaktion seitens des Rates: Die Anregung wurde bis heute nicht beantwortet, keine der Alternativen geprüft.

Sucht man in Protokollen der politischen Gremien, findet man nur beim Rat der Stadt Sendenhorst etwas über den weiteren Gang der Planungen zur Reaktivierung. In Münster ist das Thema entweder seit 2012 nicht mehr auf der Tagesordnung gewesen oder aber nicht-öffentlich behandelt worden.

Seit Anfang 2016 hat die Bürgerinitiative die betroffene Bevölkerung in mehreren Infoveranstaltungen über den Sachstand informiert und Podiumsdiskussionen durchgeführt. Auch die FDP Münster hat eine Infoveranstaltung ausgerichtet. Von Seiten der Planer wurde dies wohl nicht für notwendig erachtet.

Bürgerbeteiligung geht auch anders: Bei der Planung des Rhein-Ruhr-Expresses (RRX) wurde die Bevölkerung frühzeitig eingebunden; sogar ein Runder Tisch, an dem auch betroffene Bürger sitzen, wurde eingerichtet.

Die Bürgerinitiative fordert ein Ende der „Geheimniskrämerei“ und endlich eine angemessene Information und Beteiligung der betroffenen Bevölkerung – auch in Form eines Runden Tisches.