Auf der heutigen NWL-Verbandsversammlung in Unna wurde das Ergebnis der Untersuchung zur Wirtschaftlichkeit der WLE-Reaktivierung bekanntgegeben. Wen wundert es – selbstverständlich ist die Reaktivierung wirtschaftlich! Man kommt sogar auf einen Nutzen-Kosten-Indikator von 1,4!
Münsters CDU-Fraktionschef Weber spricht nicht nur von 10.000 Fahrgästen pro Tag, sondern auch von 85.000 Bewohnern, die von der Strecke profitieren sollen, und von 43.000 Arbeitsplätzen!
Zur Erinnerung: Im Gutachten von 2010 war noch von 6.300 Fahrgästen die Rede – unter der Annahme, die Buslinie 8 würde vollständig eingestellt. Die seitdem erfolgte Bevölkerungsexplosion im Münsterland konnte aber natürlich niemand vorhersehen!
Wenn ich alle Bewohner aus dem Südosten, aus Albersloh und Sendenhorst zusammenrechne, dann komme ich auch auf 85.000 – na ja, nicht ganz, es fehlen 50.000, aber die Größenordnung passt ja.
Arbeitsplätze sind auch immer ein schönes Argument – in Münster gibt es ca. 170.000, von denen 43.000, also ein Viertel, ganz sicher von der Bahn profitieren werden.
Wie?
Weiß ich nicht, aber wenn Herr Weber das sagt, muss es ja stimmen.
Das Gutachten mit den grandiosen Werten werden wir offenbar so schnell nicht zu Gesicht bekommen, wenn ich die Meldung des Kreises Warendorf richtig lese:
„Den beteiligten Städten und dem Kreis wird angeboten, dass die Bewertungsergebnisse durch die Gutachter auch in den jeweiligen Gremien präsentiert werden.“
Leider gehöre ich zu keinem Gremium, von daher werde ich die frohe Kunde einfach blind glauben müssen. Wie man zum phänomenal guten NKI von 1,4 kam und welche Variante man für die Linie 8 vorsieht – ein großes Geheimnis, von dem wir nichts erfahren dürfen; sonst wird doch die Überraschung verdorben!
Die WN stellt unter Aufbringung ihrer gesamten journalistischen Kompetenz fest: „der Reaktivierung der Westfälischen Landeseisenbahn(WLE), der Bahnstrecke zwischen Münster und Sendenhorst steht nichts mehr im Wege“
…und vergisst dabei leider, dass doch noch einen Kleinigkeit aus dem Weg zu räumen sein wird: Der Verkehrsausschuss des Landtags muss das Geld dafür bewilligen. Ob der Verkehrsausschuss diesem Gutachten so blindlings Glauben schenkt, dass er 40 Millionen Euro Steuergeld für das Projekt aus dem Ärmel schüttelt?
Falls Sie den Verkehrsausschuss bei der Entscheidungsfindung unterstützen möchten – die Adresse finden Sie hier.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht – ich fühle mich inzwischen vollends verschaukelt. Ich habe zwar geahnt, dass man die Wirtschaftlichkeit schon zurechtrechnen wird – dass es aber mit so dreisten Phantasiezahlen geschieht, hätte ich nicht erwartet. Wir werden selbstverständlich versuchen, Einblick in die Unterlagen zu erhalten. Drücken Sie die Daumen – die Unterlagen zum Schallschutz werden uns ja bis heute vorenthalten (mit Verweis aufs Urheberrecht). Zum Thema Schallschutz hatten wir im Nachgang zur Infoveranstaltung am 15. November eine Erklärung an die Presse gegeben, die leider nur bruchstückhaft abgedruckt wurde. Unsere vollständige Pressemitteilung finden Sie unten.
Apropos Presseerklärung: Auch die Grünen im Südosten haben eine herausgegeben, in der sie sich klar zur WLE-Reaktivierung bekennen und uns als Bürgerinitiative vorwerfen, wir hätten „kein taugliches Konzept zur Lösung der nun mal vorhandenen Probleme“. Auch würden wir gezielt Angst vor der Bahn schüren und populistische Horrorszenarien an die Wand malen.
In der Mitteilung der Grünen heißt es dagegen ganz sachlich, „Münster versinke im Verkehrschaos“ – eine erfrischend nüchterne Feststellung in all dem populistischen Lärm!
Na ja, wahrscheinlich ist es für die Grünen eine neue Erfahrung, mal für etwas zu sein. Aber keine Sorge – es findet sich immer etwas, das man bekämpfen oder abschaffen kann – und wenn es Knecht Ruprecht ist…
Da wir in den kommenden Wochen voraussichtlich damit beschäftigt sein werden, populistische Plakate zu verschenken und bei unseren Kindern Ängste vorm Knecht Ruprecht zu schüren, wünschen wir auf diesem Weg schon mal eine geruhsame Weihnachtszeit! Falls Sie Ihre Lieben in Rheine, Bielefeld oder Osnabrück mit der Bahn besuchen möchten, planen Sie etwas mehr Zeit ein – bei der Eurobahn läuft’s gerade nicht so rund….
Pressemitteilung der BI gegen die WLE-Reaktivierung zur Infoveranstaltung in Wolbeck:
Zweck verfehlt – Unterlagen zurückgehalten
Die Bürgerinitiative „Pro Bus und Rad – Gegen die Bahn“ bewertet den „Informationsmarkt“ am 15. November grundsätzlich positiv, da erstmals versucht wurde, die WLE-Reaktivierung in den Gesamtauswirkungen inkl. der Buslinien zu beleuchten. Dem Erfordernis, eine „frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung“ zur Planfeststellung der WLE durchzuführen, wurde diese Veranstaltung jedoch nicht gerecht, da die Informationstiefe mit gerade einmal zehn hierzu relevant bestückten Stellwänden der WLE viel zu gering war. Sinn und Zweck einer solchen Veranstaltung ist es eigentlich, durch umfassende Aufklärung der Bürger die Anzahl möglicher Einwände und ggf. Klagen im späteren Planfeststellungsverfahren zu reduzieren. Dies wäre im Sinne der Steuerzahler und auch der Befürworter sinnvoll, um die Reaktivierung nicht zu verzögern.
Es gab z.B. keine Möglichkeit, das Gutachten zum Schallschutz oder Lärmkartierungen einzusehen. Das Gleiche gilt für Untersuchungen darüber, welche Auswirkungen die Reaktivierung auf den übrigen Verkehr hat, z.B. an beschrankten Bahnübergängen. “Die Anlieger müssen wissen, welche Auswirkungen die Reaktivierung der Bahn hat.“, so Michael Eßer von der BI. „Genau dafür hat der Gesetzgeber diese frühe Information vorgesehen. Die frühzeitige Einbindung der Bevölkerung ist als Konsequenz aus der schlechten Kommunikation beim Projekt Stuttgart 21 eingeführt worden.“ Das Zurückhalten dieser Unterlagen bis zum Planfeststellungsverfahren und der Umstand, dass man jüngst im Februar Berechnungsfehler zugegeben hat, deren Korrektur ursprünglich angekündigte Schallschutzwände überflüssig machen soll, schaffen kein Vertrauen.
Das gilt umso mehr, als die WLE in einer Veranstaltung im Februar 2017 bereits Karten gezeigt hatte, aus denen die Positionen der Schallschutzwände sowie die Anliegergrundstücke mit Anspruch auf Schallschutzfenster hervorgingen. Eine Anfrage im Juli 2018 auf Einsichtnahme bei der Stadt Münster ergab, dass das finale Gutachten sowie die Planungsunterlagen der Stadt selbst gar nicht vorlägen. Trotzdem äußerte man sich inhaltlich dazu in der Presse und bewertete den Schallschutz als ausreichend. Die WLE verhindert unterdessen eine Einsichtnahme beim Verkehrsministerium mit dem Argument des Urheberrechts. Daher drängt sich die Frage auf, ob es hier etwas zu verheimlichen gibt.
„Wenn die Planer vermeiden wollen, dass die Reaktivierung durch zahlreiche Klagen im Planfeststellungsverfahren ins Stolpern gerät“, so Lars Ostermeyer von der Bürgerinitiative, „dann ist Transparenz das Gebot der Stunde. Die Veranstaltung in Wolbeck hat dazu leider keinen ausreichenden Beitrag geleistet.“