Letzte Änderung 26.4.2025
Lärmschutzwände schrumpften zu Schienenstegabschirmungen
Im Verlauf der Planung wurden mehrere Gutachten erstellt. Drei Versionen davon wurden im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens öffentlich ausgelegt. Anfänglich war noch die Rede davon, dass fünf Kilometer Lärmschutzwände notwendig seien, mit Eröffnung des Planfeststellungsverfahrens schrumpften diese jedoch zu Schienenstegabschirmungen (SSA), welche den Lärm mit maximal 3 dB(A) mindern können. Eine Lärmschutzwand dagegen mindert den Lärm in günstigen Fällen um bis zu 15 dB(A). Gründe seien, dass man in dem vorherigen Gutachten eine falsche Zugkonfiguration für die Berechnung zugrunde gelegt habe und man davon ausgehe, dass künftig keine Güterzüge mehr fahren würden. Zeitgleich stieg aber auch die Anzahl der ungelösten Schutzfälle an.

Schienenstegabschirmung (SSA) hat keine Zulassung
Die Schienenstegabschirmung hat bei der Deutschen Bahn (DB) wegen fehlendem Wirksamkeitsnachweis keine Zulassung erhalten und darf dort auch nicht mehr eingebaut werden. Die für die Schienenstegabschirmungen (SSA) maßgebliche Norm DBS 918 291 hat der einzige Hersteller nicht erfüllen können, was zur Folge hat, dass dieses Produkt auch nicht mit entsprechenden schalldämpfenden Wirkungen in die Berechnungen der Schallpegel am jeweiligen Grundstück einfließen darf. Das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) hat zwischenzeitlich die DBS 918 291 in die Eisenbahnspezifischen Technischen Baubestimmungen (EiTB) aufgenommen. Die EiTB enthalten technische Regeln sowie Festlegungen zu Bauprodukten, die bei der Auslegung des § 2 Abs. 1 EBO „Anforderungen an Sicherheit und Ordnung“ regelmäßig heranzuziehen sind.
2025: Drittes Gutachten mit Deckblatt B
Mit Offenlage des dritten Gutachtens 2025 wurde erstmals versucht, die Beeinträchtigung der Außenwohnbereiche der Anlieger zu berücksichtigen (Terrassen, Freisitze, Balkone und dgl.). Während des Erörterungstermins im August 2023 zeigte sich, dass die WLE das Lärmschutzgutachten hier nachbessern musste. Diese sind ggfs. bei der Berechnung im Schallgutachten zu berücksichtigen, wenn die zulässigen Lärmpegel dort überschritten werden. Leider enthält auch das dritte Gutachten erneut wieder viele Fehler, welche von den Anliegern in Einwendungen aufgegriffen werden. Z.B. könnte die Abwägung der Vorzugsvariante fehlerhaft sein, da bei der Abwägung die Außenwohnbereiche nicht als Schutzfälle gezählt wurden. Ferner berichten Anlieger davon, dass ihre Außenwohnbereiche nicht korrekt erfasst wurden und die Gebäudeabbildung nicht dem aktuellen Bestand entspricht. Laut Gutachten bleiben 76 Schutzfälle trotz Schallschutz ungelöst, d.h. es kommt hier zu Pegelüberschreitungen.
Das Märchen vom „modernen Flüsterzug“
Wer bisher keine Gelegenheit hatte, sich einen akustischen Eindruck über Dieseltriebwagen zu machen, kann sich dieses Video anschauen. Es zeigt Dieseltriebwagen vom Typ LINT der Vareo (DB) in Doppeltraktion bei der Ein- und Ausfahrt in Köln-Deutz, wo ohnehin keine hohen Geschwindigkeiten gefahren werden. Der gleiche Zugtyp ist auch Gegenstand der Planung und wurde von der WLE auch bei den Schnupperfahrten im September 2017 eingesetzt. Da haben Sie nichts gehört? In Köln hört sich das mit leichter Beschleunigung schon ganz anders an.
Passiver Lärmschutz reicht nicht
Auch wenn moderne Züge leiser sind als früher, verursachen sie immer noch erhebliche Lautstärken – insbesondere in Kurven, beim Bremsen und Anfahren. 100 Züge/Tag sollen mit 80 km/h mit einem Abstand von teilweise weniger als 10 m an Wohngebäuden vorbeifahren. Lärm, Abgase und Erschütterungen gefährden die Gesundheit der Anwohner. Hier müssen mindestens Schallschutzwände eingeplant werden, nicht nur Schallschutzfenster! Die Lärmbelästigung betrifft nicht nur Anlieger direkt an der Bahn; auch in 100 m Entfernung können häufig zulässige Grenzwerte überschritten werden.
Rechtliche Verpflichtung zu aktivem Schallschutz
Nach den einschlägigen Rechtsvorschriften müssen bei einem sog. „erheblichen baulichen Eingriff“ in eine Schienenstrecke, die nicht nur reine Instandsetzung ist, vorrangig aktive Schallschutzmaßnahmen wie Lärmschutzwälle oder -wände zum Schutz der anliegenden Grundstücke geplant werden. Hier soll die komplette Trasse von Grund auf erneuert werden, kein Stein bleibt auf dem anderen – einschließlich Brücken und Bahnübergängen. Außerdem wird die Strecke mit Ausweichgleisen aufgerüstet und in weiten Teilen in der Lage verändert, damit die Streckengeschwindigkeit überhaupt erreicht werden kann. Von daher handelt es sich nicht um reine Instandsetzungsmaßnahmen, sondern einen solchen „erheblichen baulichen Eingriff“, der zu sog. Lärmvorsorge, d.h. Lärmschutzmaßnahmen an der Quelle des Lärms verpflichtet.
Effektiver Schallschutz ist bis zu vier Meter hoch
Die Städte Münster und Sendenhorst haben im Rahmen von Neubaugebieten an der WLE-Trasse bereits Schallschutzgutachten auf Basis aktueller Rechtslage erstellen lassen (z.B. Petersheide und Kohkamp). Diese Gutachten sehen mindestens eine Kombination aus Schallschutzwänden und Schallschutzfenstern mit Lüftungsanlagen für die Anlieger vor. Die Gutachten sind nicht mehr online verfügbar, liegen uns aber vor. Anfang 2020 wurde mit dem Bau einer bis zu vier Meter hohen und rund 500 Meter langen Lärmschutzwand für das Neubaugebiet Petersheide in Münster-Wolbeck begonnen. Die übermannshohe Metallkonstruktion wurde aufgrund eines Lärmschutzgutachtens im Bebauungsplan 2017 vorgeschrieben und soll die Anwohner vor dem Lärm der WLE schützen. Die Konstruktion ist mit Erde gefüllt und soll später begrünt werden. Die massiv wirkende Wand wird von den Bürgern kritisch beäugt, stellt aber einen effektiven Lärmschutz für die Anwohner sicher. Die Kosten trägt hier allerdings nicht die WLE, sondern das für das Bauprojekt verantwortliche Bauunternehmen.
